ALLES NUR EIN HOLOGRAMM?

Datum 25.01.2009 01:19:44 | Thema: Artikel

Von Andrium

Auf der Suche nach Gravitationswellen sind Physiker evtl. zufĂ€llig auf die “Pixel der Welt“ gestoßen...
...und könnten somit in naher Zukunft den endgĂŒltigen Beweis dafĂŒr erbringen, dass unser Kosmos tatsĂ€chlich nichts als ein gewaltiges Holodeck ist. In Ruthe bei Hannover befindet sich eine Forschungsanlage mit dem unscheinbaren Namen “GEO600“. Ihr Zustandekommen verdankt sich einer internationalen Zusammenarbeit, wobei Deutschland und Großbritannien maßgeblich zur Verwirklichung beitrugen. Die Anlage ist ein sog. Michelson-Interferometer mit 600 Meter SchenkellĂ€nge, welches ursprĂŒnglich zum AufspĂŒren von Gravitationswellen entworfen wurde. Das Interferometer ist nur eines von insgesamt fĂŒnf hochempfindlichen MessgerĂ€ten auf dem GelĂ€nde mit dem Namen LIGO.

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Das ca. 6 Millionen Euro teure Projekt wurde 1995 vom Max-Planck-Institut Potsdam und den UniversitĂ€ten von Hannover, Cardiff und Glasgow gemeinsam initiiert und nach lĂ€ngerer Testphase in den Jahren 2005/06 endgĂŒltig in Betrieb genommen.

Durchquert man die Landschaft sĂŒdlich von Hannover, so ist es ein Leichtes, die GebĂ€ude des GEO600-Experiments zu ĂŒbersehen und achtlos daran vorbeizufahren. In der Tat sieht es von außen nicht sonderlich spektakulĂ€r aus: Am Ende einer grĂŒnen Wiese steht eine Anordnung blauer, an Baucontainer erinnernder BlechwĂŒrfel, aus deren Scheitelpunkt im rechten Winkel zwei lange, mit Stahlplatten abgedeckte GrĂ€ben hervorgehen. Unter dieser metallenen Abdeckung liegt die Vakuumröhre des Laser-Detektors von immerhin 1,2 Kilometern GesamtlĂ€nge.

In den letzten sieben Jahren sollte diese ungewöhnliche Installation nach Gravitationswellen Ausschau halten; also nach Schwankungen im GefĂŒge der Raum-Zeit, welche u.a. durch Neutronensterne, schwarze Löcher und Supernovae ausgelöst werden können. Doch bis heute blieb das Aushorchen der schwarzen Weiten des Alls völlig ergebnislos; zumindest, was die Gravitationswellen betrifft. DafĂŒr scheint es aber nun Grund zur Annahme zu geben, dass der Detektor versehentlich einem ganz anderen PhĂ€nomen auf der Spur ist, welches die wichtigste Entdeckung der Physik des letzten halben Jahrhunderts darstellen könnte.

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Schon seit geraumer Zeit bereitet nĂ€mlich ein seltsames und bisher unerklĂ€rliches StörgerĂ€usch im Ausgabesignal der riesigen Anlage dem GEO600-Team einiges an Kopfzerbrechen. Niemand konnte sich auf die chronische “Verunreinigung“ der Daten einen Reim machen, bis vor kurzem und völlig unerwartet ein Wissenschaftler mit einer erstaunlichen ErklĂ€rung an die deutsch-britische Forschungsgruppe herantrat. In der Tat sagte jener Physiker das StörgerĂ€usch bereits theoretisch voraus, bevor er ĂŒberhaupt von den Abweichungen im GEO600 erfuhr.

Glaubt man Craig Hogan vom Labor fĂŒr Teilchenphysik am Fermilab in Batavia, Illinois, so ist es durchaus wahrscheinlich, dass der deutsche Detektor mit seinen hochprĂ€zisen Messungen zufĂ€llig auf die grundlegende “Schallmauer“, auf die absolute Grenze der Raumzeit gestoßen sein könnte - ein Punkt, an dem die Raum-Zeit aufhört sich wie ein glattes Kontinuum zu verhalten, wie Einstein es beschrieb, und an dem sie sich stattdessen in “Körnchen“ oder “Pixel“ auflöst; ganz so, wie ein Bild in einer Zeitschrift, welches sich in einzelne, farbige PĂŒnktchen zerlegt, geht man nur nahe genug mit einer Lupe heran. "Es sieht ganz danach aus, dass GEO600 von dem mikroskopischen Quanten-Zucken der Raum-Zeit beeinflusst wird,“ so Hogan.

Das alleine ist noch keine Nachricht, welche einen sonderlich aus den Schuhen haut; aber Hogan, der gerade in den Direktorenposten des Zentrums fĂŒr Teilchen-Astrophysik im Fermilab berufen wurde, hat nach der obigen Feststellung noch eine viel spannendere Vorhersage zu bieten: "Wenn sich die Messungen des GEO600 als das herausstellen, was wir annehmen, dann leben wir buchstĂ€blich alle in einem gigantischen, kosmischen Hologramm.“

Die Idee einer holografischen Welt, einer riesigen Matrix ist an sich nichts Neues, denn sie wurde bereits von vielen alten Kulturen als Fakt angenommen und beeinflusste zahlreiche philosophische Strömungen und religiöse Weltbilder. Dennoch erscheint diese Vorstellung den meisten, in der Zivilisation des absoluten Materialismus herangewachsenen Menschen entweder zu weit hergeholt oder zu beĂ€ngstigend, da eigentlich absurd; und auch ein Nachweis fĂŒr die Richtigkeit solcher exotischen Annahmen konnte bisher leider nie erbracht werden.



Aber diese Theorie wĂŒrde nur logisch korrekt die bisherigen kosmologischen Erkenntnisse vervollstĂ€ndigen und viele der bisherigen ErklĂ€rungslĂŒcken elegant fĂŒllen. Das wissenschaftliche VerstĂ€ndnis fĂŒr die fundamentalen VorgĂ€nge in unserem Universum könnte nach Jahrzehnten des Ringens mit mathematischen Sackgassen einen neuen Auftrieb erhalten.

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Hologramme, wie man ihnen alltĂ€glich auf Kredit- und Versicherungskarten bzw. auf Geldnoten begegnet, sind per Laserstrahl auf praktisch zweidimensionale Metall- und Plastikstreifen geĂ€tzte Rasteranordnungen. FĂ€llt Licht aus einem bestimmten Winkel auf das Raster, wird in einer fĂŒr das Auge illusionĂ€ren dritten Dimension ein rĂ€umliches Bild geschaffen (z.B. van Beethovens grimmiges Konterfei). Dieser 3D-Eindruck ist aber lediglich eine flĂŒchtige Illusion, die erscheinende Dimension der Höhe eine fast perfekte TĂ€uschung ohne materielle Basis. Genau dieses Prinzip, nur angewandt auf die vier Dimensionen unserer Raum-Zeit, schlugen bereits in den neunziger Jahren der Physiker Leonard Susskind und der NobelpreistrĂ€ger Gerard ÂŽt Hooft in ihren theoretischen Arbeiten vor. Unsere Alltagserfahrung von dreidimensionalem Raum und Zeit könnte laut den Forschern in der Tat eine riesige Illusion sein, welche von einer weit entfernten, quasi-zweidimensionalen OberflĂ€che holografisch geschaffen wird.

Das holografische Prinzip fordert unsere materiell-orientierte Weltsicht auf Ă€ußerste heraus und verlangt ganz andere Sichtweisen auf alte SelbstverstĂ€ndlichkeiten. Es fĂ€llt eben recht schwer zu glauben, man sei morgens aufgewacht, habe sich Kaffee zubereitet, seine ZĂ€hne geputzt und sei nun dabei diesen Artikel zu lesen, nur weil irgendwelche Quanten auf der OberflĂ€che am Rande des Universums gerade harmonisch miteinander am Vibrieren sind. Wenn schon die Vorstellung einer projizierten RealitĂ€t so schwer fĂ€llt, wie stĂŒnde es erst mit den philosophischen und gesellschaftlichen Schlussfolgerungen, sollte sich dies bewahrheiten und eines Tages zum Allgemeinwissen wie Einsteins RelativitĂ€tstheorie werden? Nicht auszudenken! Aber trotz allem haben die Theoretiker viele gute GrĂŒnde, die Richtigkeit dieser Annahme u.U. bald in harten Fakten bestĂ€tigt zu finden.

Susskind und ÂŽt HooftÂŽs bemerkenswerte Idee wurde erst durch die bahnbrechenden Arbeiten zum Wesen Schwarzer Löcher von John Bekenstein von der UniversitĂ€t von Jerusalem und Stephen Hawking von der Cambridge University angestoßen. Mitte der siebziger Jahre zeigte Hawking nĂ€mlich erfolgreich, dass Schwarze Löcher gar nicht völlig “schwarz“ sind, sondern gemĂ€chlich bestimmte Strahlungen aussenden, was dazu fĂŒhrt, das die massereichen Himmelskörper mit der Zeit an Materie verlieren, also quasi “verdunsten“ und vielleicht sogar nach Äonen einfach vollstĂ€ndig verschwinden. Je masseĂ€rmer das Schwarze Loch, desto schneller schreitet dieser Zerfall voran. Ein RĂ€tsel, welches mit diesen Beobachtungen einhergeht, ist der Fakt, dass sog. Hawking-Strahlung im Gegensatz zu normalen Lichtteilchen und anderen Strahlungsarten keinerlei Information ĂŒber das Innere eines Schwarzen Loches enthĂ€lt bzw. preisgibt.

Wenn ein Schwarzes Loch vollstĂ€ndig zerstrahlt ist, sind also auch sĂ€mtliche Informationen ĂŒber die ehemals enthaltene, stellare Materie im Inneren des Körpers komplett verloren. Dies aber widerspricht dem landlĂ€ufig als gesichert geltenden Grundsatz, dass Information prinzipiell (genau wie Energie und Masse) nicht einfach verschwinden kann. Diese Beobachtung ist als das “Informations-Paradoxon Schwarzer Löcher“ bekannt und den Physikern seit langem ein gewaltiger Dorn im geistigen Auge.

Die Arbeit Bekensteins trug dazu bei, einen wichtigen Hinweis zur Lösung des Paradoxons zu finden. Er wiederum entdeckte nĂ€mlich, dass die sog. Negentropie, also die Ordnung bzw. der Informationsgehalt eines Schwarzen Loches proportional zur OberflĂ€che seines Ereignishorizontes steht. Wie wir vielleicht wissen, ist der Ereignishorizont die scheinbare OberflĂ€che der SingularitĂ€t; genauer der Radius, innerhalb welchem die Anziehungskraft so stark ist, dass keinerlei Materie oder Licht mehr entkommen kann. Die theoretische Physik hat aber bewiesen, dass mikroskopische Schwankungen im Quantenfeld des Ereignishorizontes dazu in der Lage sind, die Informationen, welche innerhalb des Schwarzen Loches gefangen ist, in sozusagen “kodierter Form“ wiederzugeben. So wĂŒrde weiterhin der Informations-Erhaltungssatz gelten und die SingularitĂ€ten könnten nach Belieben verdampfen/ zerstrahlen, ohne dass der Informationsgehalt einfach mysteriös verschwinden mĂŒsste.

Im Grunde ist diese an sich belanglos erscheinende AufklĂ€rung des Paradoxons die Steilvorlage fĂŒr eine viel tiefgreifendere physikalische Einsicht: Die dreidimensionale Information eines VorgĂ€nger-Sterns kann so komplett in kodierter Form auf dem zweidimensionalen Ereignishorizont des folgenden Schwarzen Loches dargestellt und mit entsprechenden Mitteln ausgelesen werden – nicht viel anders, als ein holografisches Bild, welches aus der schillernden OberflĂ€che einer eigentlich flachen Scheckkarte entsteigt bzw. daraus 3D-kodiert wahrgenommen werden kann.

Susskind und 't Hooft erweiterten diese Einsicht auf das Universum als Ganzes unter der Voraussetzung, dass das Weltall ebenso einen Horizont, also eine OberflĂ€che besitzt. Diese Ă€ußere HĂŒlle ist die Grenze, ab welcher keinerlei astronomische Beobachtungen mehr möglich sind, da ab dort das Licht noch nicht genug Zeit hatte, uns innerhalb der ca. 13,7 Milliarden Jahre langen Lebenszeit des Kosmos zu erreichen. Könnten wir mit unseren Teleskopen 13,7 Milliarden Lichtjahre weit blicken, so stießen wir an jene “Lichtmauer“, die absolute Grenze und wĂŒrden dem Urknall, dem Anbeginn quasi ins Antlitz schauen.

Die Vertreter der String-Theorie, vor allem Juan Maldacena vom Institut fĂŒr fortschrittliche Studien in Princeton, konnten bereits bestĂ€tigen, dass die postulierten Ideen eine gute Chance haben, durch experimentelle BestĂ€tigung allgemein akzeptiert zu werden. Ihre Berechnungen zeigten, dass die Naturgesetze innerhalb eines hypothetischen Universums mit fĂŒnf Dimensionen und der Form eines Sattels genau mit jenen ĂŒbereinstimmen, welche auf einer vierdimensionalen Begrenzung stattfinden.



Nach Aussage Hogans wir das holografische Prinzip unsere Vorstellungen von Raum-Zeit und RealitĂ€t an sich radikal umkrempeln. Die theoretische Physik war schon lange der Überzeugung, dass Quanteneffekte dafĂŒr sorgen, dass sich die Raum-Zeit auf kleinster Ebene wild kontrahiert und wieder entspannt. In dieser VergrĂ¶ĂŸerung wird das Gewebe der Raum-Zeit grobkörnig und diese Pixel sind letztendlich aus noch winzigeren Einheiten aufgebaut, welche einhundert Milliarden mal kleiner als der Durchmesser eines Protons sind. Diese GrĂ¶ĂŸe bezeichnet man auch als Planck-LĂ€nge, die gerade einmal 10 hoch -35 Meter misst. Die Planck-LĂ€nge liegt damit weit außerhalb der Messgenauigkeit jedes hypothetischen Experiments und deshalb wagte bis vor kurzem niemand in der Fachwelt auch nur zu trĂ€umen, dass die Körnigkeit der Raum-Zeit irgendwie erfassbar sein könnte.

Dies blieb so bis zu jenem Moment, als Hogan herausfand, dass das holografische Prinzip alles Ă€ndern könnte. Falls die Raum-Zeit wirklich ein körniges Hologramm ist, dann liegt die Vorstellung nicht fern, dass das Universum eine gigantische Kugel ist, deren OberflĂ€che in eine gewaltige Anzahl kleiner, sphĂ€rischer Quadrate mit je einer Planck-LĂ€nge Seitenmaß aufgeteilt werden kann, wovon jedes Quadrat ein einzelnes Bit an Information ĂŒber den Inhalt der Kugel enthĂ€lt. Das holografische Prinzip schreibt vor, dass die Informationsmenge auf der KugeloberflĂ€che gleich der Anzahl an Bits innerhalb des Volumens der Kugel sein muss.

Da das Volumen des sphĂ€rischen Universums viel grĂ¶ĂŸer als seine Ă€ußere OberflĂ€che ist, fĂ€llt es schwer sich vorzustellen, wie diese Gleichung aufgehen soll. Hogan wurde sich bewusst, dass, wenn die Anzahl der Bits auf der OberflĂ€che und die Anzahl im Inneren identisch sind, die Welt innerhalb der Kugel aus Körnern bzw. Pixeln bestehen muss, welche deutlich grĂ¶ĂŸer als eine Planck-LĂ€nge Kantenmaß sind. "Oder um es anders auszudrĂŒcken", so Hogan, "ein holografisches Universum ist verschwommen."

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FĂŒr jeden Forscher, der dabei ist, die kleinste Einheit der Raum-Zeit zu finden, bzw. zu messen, bedeuten diese Worte sehr gute Neuigkeiten. "Entgegen allen Erwartungen bringt dies die mikroskopische Quantenstruktur nun in den Messbereich laufender Experimente,“ meint Hogan. Denn wĂ€hrend die Planck-LĂ€nge auf der OberflĂ€che viel zu klein fĂŒr jegliche Versuchsanordnung ist, um gemessen zu werden, muss ihre holografische Projektion im Inneren eine viel gröbere Pixelauflösung aufweisen, nĂ€mlich geschĂ€tzte 10 hoch -16 Meter KantenlĂ€nge. "Falls man wirklich in einem Hologramm lebt, wird man dies daran feststellen können, indem man eine gewisse UnschĂ€rfe beim Nachmessen bemerkt“, bekrĂ€ftigt der Forscher.

Als Hogan sich diese Gedanken zum ersten Mal machte, stellte er sich sogleich die Frage, ob nicht irgendeine Versuchsanordnung in der Lage wÀre, die holografische UnschÀrfe der Raum-Zeit zu messen. Und an genau dieser Stelle kam das Hannoveraner GEO600-Projekt zufÀllig ins Spiel.

Gravitationswellen-Detektoren wie die GEO600-Anlage sind im Grunde nichts anderes als unglaublich genaue MaßbĂ€nder oder besser Abstandsmesser. Der Fachbegriff fĂŒr diesen Typ MessgerĂ€t ist “Interferometer“. Ihr Aufbau sieht voraus, dass eine Gravitationswelle, welche das MessgerĂ€t zufĂ€llig durchlĂ€uft, den Raum abwechselnd zusammendrĂŒckt und wieder entspannt, so wie eine Welle auf einem Teich dies mit der WasseroberflĂ€che tĂ€te. Um diese RaumverĂ€nderungen zu messen wird beim GEO600 ein einzelner Laserstrahl durch einen halb durchlĂ€ssigen Spiegel (sog. Splitter) geschickt. Die beiden, nun getrennten Lichtstrahlen laufen alsdann entgegengesetzt entlang der 600 Meter langen GrĂ€ben und werden an deren Ende erneut reflektiert.

Das zurĂŒckkehrende Licht wird wieder zu einem Strahl zusammengefĂŒgt. Wenn nun eine Lichtwelle mit der anderen nicht mehr gleichauf ist, sondern phasenverschoben ankommt, gibt es in der Messung typische Punkte der gegenseitigen Auslöschung, also Interferenzen. Anhand dieser kann man nun indirekt feststellen, ob der Raum durch Gravitationswellen gekrĂŒmmt wurde und somit eine Seite der Anlage fĂŒr einen Augenblick mikroskopisch kĂŒrzer bzw. lĂ€nger war. Der Ansatzpunkt fĂŒr Hogan war die Tatsache, dass eben diese erwarteten, aber nie gemessenen WellenabstĂ€nde deutlich kleiner sein mĂŒssen als der Durchmesser eines Protons und somit evtl. die nötige Genauigkeit vorliegt, auch andere, minimale Störungen zu erfassen.

WĂŒrde es also möglich sein, mit einem GerĂ€t dieser Art die holografischen Pixel des Universums nachzuweisen? Von den weltweit fĂŒnf errichteten Gravitationswellen-Detektoren ist die deutsch-englische Anlage in Hannover bis dato die exakteste und modernste und war somit fĂŒr Hogans Absichten der erste Kandidat. Der Forscher sagte in Ausgabe 77 der Fachzeitschrift “Physical Review“ voraus, dass - wenn der Laserstrahl von den Quantenbewegungen der Raum-Zeit beeinflusst wird - diese Abweichungen groß genug sein mĂŒssten, um als Störsignal oder Hintergrundrauschen bei den Messergebnissen aufzufallen.

Im Juni 2008 schickte er seine Vorhersagen an das Forscherteam in Hannover und tatsĂ€chlich bestĂ€tigte man, dass das GerĂ€t unerwartetes und hartnĂ€ckiges Störrauschen aufnahm. Forschungsleiter Karsten Danzmann vom Max-Planck-Institut fĂŒr Gravitationsphysik in Potsdam gab zu, dass das GEO600-Team bereits seit lĂ€ngerer Zeit mit ĂŒberschĂŒssigem Störrauschen zwischen 300 und 1500 Hertz zu kĂ€mpfen hatte, dessen Ursache einfach nicht ermittelbar schien und nicht herauszufiltern war. Als man Hogan eine Aufzeichnung dieses Rauschen zukommen ließ, war dieser ĂŒberaus verblĂŒfft. Hogan dazu: "Es sah genauso aus wie in meiner Vorhersage. Es war, als ob der geteilte Laserstrahl eine zusĂ€tzliche Zitterbewegung zur Seite hin ausfĂŒhrte.“

Sollte das Instrument mit diesem Zittern wirklich das Zucken der Quanten und damit die kleinsten Pixel unserer Welt aufgezeichnet haben, wie vermutet, so wĂ€re dies eine unglaublich Entdeckung. Um auszuschließen, dass nicht doch eine viel gewöhnlichere Störquelle fĂŒr das Rauschen verantwortlich ist, möchten die Wissenschaftler zur Zeit noch keine voreiligen SchlĂŒsse ziehen und gehen mit der Behauptung, das Universum sei ein Hologramm, noch sehr bedeckt um, bis weitere Daten vorliegen, die das Unglaubliche entweder bestĂ€tigen oder widerlegen.

Da Gravitationswellen-Detektoren extrem empfindliche GerĂ€te sind, können bereits kleinste Temperaturschwankungen, vorbeiziehende Wolken, entfernter Straßenverkehr, minimale seismische Bewegungen und viele weitere Ursachen das Hauptsignal ĂŒberlagern und StörgerĂ€usche erzeugen. Laut Danzmann besteht ein Großteil des wissenschaftlichen Arbeitsalltags in der Anlage nur darin, mögliche Störer ausfindig zu machen und dann herauszufiltern. Bisher konnte fĂŒr das festgestellte Zittern jedoch noch keine herkömmliche Quelle gefunden werden, weshalb die gegenwĂ€rtige Situation zwar etwas unbefriedigend sei, aber dennoch kein Anlass zu Verdruss bestĂŒnde.
Laut Danzmann sollen in nĂ€chster Zeit einige technische Erweiterungen die Empfindlichkeit der Anlage verbessern und so mögliche Ursachen fĂŒr Störsignale beheben. "Wenn das Rauschen in den Messungen danach bestehen bleibt, mĂŒssen wir noch einmal alles ĂŒberdenken“ ließ er verlauten.

Falls GEO600 wirklich das holografische Hintergrundrauschen der Quantenbewegungen entdeckt haben sollte, wĂ€re dies eine MĂŒnze mit zwei Seiten fĂŒr die Forscher. Auf der einen Seite wĂŒrde das Rauschen ihre Versuche, Gravitationswellen aufzuspĂŒren erschweren, andererseits wĂ€re die BestĂ€tigung der Zufallsentdeckung des Quantenrauschens eine viel fundamentalere Errungenschaft.

Eine derartige Situation ist in der Geschichte der wissenschaftlichen Entdeckungen kein Einzelfall. Viele wichtige Entdeckungen und DurchbrĂŒche verdankt die Forschung dem “Kollegen Zufall“. Z. B. baute man in der Vergangenheit riesige Detektor-Anlagen, um eine hypothetische Form von RadioaktivitĂ€t praktisch nachzuweisen, welche beim Zerfall von Protonen entstehen soll. Diese Strahlung konnte aber nie gemessen werden. DafĂŒr entdeckten diese Apparaturen zufĂ€llig, dass Neutrinos von einer Form in eine andere ĂŒbergehen können, was viel wichtiger fĂŒr die Physik war, denn so konnte endlich geklĂ€rt werden, warum unsere Welt aus Materie und nicht aus Antimaterie aufgebaut ist.

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, wenn ein Instrument, welches dazu konstruiert wurde, die riesigen Quellen von Gravitationswellen aufzuspĂŒren, nun versehentlich die winzige Körnigkeit der Raum-Zeit aufgenommen haben sollte. Auch Hogan gibt zu, dass er als Grundlagenphysiker die Entdeckung des holografischen Rauschens als weitaus bedeutender und interessanter empfindet.

Trotz der Tatsache, dass der holografische Störeinfluss die Möglichkeit des GEO600 Gravitationswellen zu empfangen erheblich erschweren könnte, bleibt Projektleiter Danzmann optimistisch: "Auch wenn dies die Empfindlichkeit der Anlage einschrĂ€nkt, bestimmte Frequenzen aufzuzeichnen, wĂ€re dies ein kleiner Preis, den wir gerne in Kauf nehmen, wenn wir dafĂŒr den ersten Nachweis fĂŒr die Körnigkeit der Raum-Zeit erbringen können. Sie können sich sicher sein, dass wir sehr erfreut wĂ€ren; denn dies wĂ€re eine der bemerkenswerten Entdeckungen fĂŒr einen langen Zeitraum.“

Trotzdem ist Danzmann noch vorsichtig, was Hogans Vorhersagen betrifft und betont die Wichtigkeit weiterer theoretischer AbklĂ€rung des Ganzen. Es sei hochinteressant, aber diese Idee mĂŒsse erst noch zu einer ausgewachsenen Theorie werden. Zur Zeit sei es noch ein wenig verfrĂŒht, definitive Aussagen zu treffen. Danzmann ist der Meinung, dass zumindest ein weiteres Jahr intensiver Forschung nötig sei, bevor man evtl. Grund zum Feiern habe.

Je lĂ€nger das rĂ€tselhafte Rauschen in der Hannoverschen Anlage bestehen bleibt, desto grĂ¶ĂŸer wird die Motivation, ein spezielles GerĂ€t zu entwickeln, welches auch von Anfang an dazu geplant ist, nur nach holografischem Rauschen zu suchen. John Cramer von der University of Washington in Seattle stimmt dem zu. Seiner Meinung nach sei es ein glĂŒcklicher Zufall, dass Hogans Theorie sich mit den Beobachtungen in Hannover decke. Er betont, dass es wohl möglich sei, durch dedizierte Anlagen in der nahen Zukunft viel exaktere Beobachtungen zum holografischen Rauschen und verwandten PhĂ€nomenen zu machen.

Hogan schlĂ€gt deshalb den Bau eines Atom-Interferometers vor. Diese funktionieren analog zu einem Laser-Interferometer, aber sind durch die Verwendung ultra-gekĂŒhlter Atome und deren viel kleinerer WellenlĂ€ngen erstens viel exakter fĂŒr diese Zwecke und zudem noch einfacher und billiger zu konstruieren, als ihre Laser-getriebenen GegenstĂŒcke.

Was wĂŒrde die definitive Entdeckung des holografischen Hintergrundrauschens eigentlich fĂŒr die moderne Physik bedeuten? Cramer vergleicht die mögliche Auswirkungen dieses Meilensteins mit der ebenso zufĂ€lligen Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung im Jahre 1964. Das damals versehentlich aufgenommene Rauschen entpuppte sich als Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und damit als kosmisches Echo des Urknalls. In der Folge bekamen nicht nur die verantwortlichen Physiker Penzias und Wilson den Nobelpreis verliehen, auch ein völlig neues Forschungsfeld der Kosmologie wurde zu jener Zeit erschlossen. Hogan pflichtet dem bei und meint, dass mit dieser Entdeckung zu ersten Mal die Beobachtung der kleinstmöglichen Einheit gelungen wĂ€re, nĂ€mlich die der Planck-LĂ€nge dividiert durch die Lichtgeschwindigkeit. Und noch wichtiger: Die BestĂ€tigung des holografischen Prinzips könnte der Physik als hervorragendes Instrument dienen, endlich Einsteins Theorie der Gravitation mit der Quantenmechanik zu vereinen.

Heutzutage ist der beliebteste Ansatz zur mathematischen Lösung der grundlegenden Funktionsweise des Universums die mittlerweile recht bekannte String-Theorie. Die holografische Raum-Zeit hat in einigen AnsĂ€tzen eine starke Verwandtschaft mit der String-Theorie, und so könnten sich beide Modelle zukĂŒnftig gegenseitig korrigieren und ergĂ€nzen, wo bisher logische LĂŒcke klafften. Hogan stimmt dem zu und meint, dass die BestĂ€tigung seiner Idee alle AnsĂ€tze zur ErklĂ€rung der Quantengravitation, welche das holografische Prinzip ausschließen, zu Nichte machen könnte, dafĂŒr aber den einschließenden AnsĂ€tzen der String-Theorie einen drastischen Aufwind geben und vor allem die sogenannte Matrix-Theorie weiter stĂŒtzen könnte. Hogan ist weiterhin zuversichtlich, dass die jĂŒngsten Resultate vielleicht der erste Hinweis dafĂŒr sein könnten, wie das Prinzip der Raum-Zeit aus der Quantentheorie korrekt abzuleiten sei.

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Und wie mit allen Entdeckungen, welche durch glĂŒcklichen Zufall zustande kamen, liegt auch in diesem Fall die Hoffnung auf einen epochalen wissenschaftlichen Durchbruch nicht wirklich fern. Wir drĂŒcken den Forschern jedenfalls krĂ€ftig die Daumen, dass es ihnen gelingen wird, unser illusionĂ€res Dasein zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte nicht nur philosophisch anzunehmen, sondern auch naturwissenschaftlich einwandfrei zu bestĂ€tigen!


Andrium, 25.01.2009


Quellen:
New Scientist Magazine
Nature.com
Physical Review
Leibniz UniversitÀt Hannover
Wikipedia



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